Miriam kam wegen starker Überforderung in die psychologische Beratung. „Ich fühle mich so gestresst und kann gar nicht mehr abschalten. Nach der Einführung von KI ist mein Job bedroht.“ formulierte sie ihr Anliegen.

Holger ging es anders: „Meine Zündschnur ist extrem kurz. Bei dem kleinsten Anlass werde ich laut, und das belastet unser Familienleben. Ich habe so ein schlechtes Gewissen meinen Kindern gegenüber.“

Carola kam aus wieder einem anderen Grund. „Wenn ich eine Präsentation halten muss, rast mein Herz und eine Angst überfällt mich – ich kann meine Emotionen dann gar nicht mehr regulieren und kriege einen Blackout.“

Unangenehme Emotionen regulieren – wie geht das?

Drei Personen, drei Anliegen. Aber eins haben sie alle gemeinsam: Sie leiden unter ihren Gefühlen.

Wenn man als Coach oder psychologische:r Berater:in genauer nachfragt, wird man sogar herausfinden: Sie leiden mehr unter ihren Gefühlen als unter der Situation, die sie auslöst. Denn wenn sie da genauer draufschauen, ist die Situation „eigentlich gar nicht so schlimm wie das Gefühl dazu“.

Eine Methode zur Emotionsregulierung

Für dich als Coach oder psychologische:r Berater:in sind diese drei Anliegen ein guter Startpunkt, um eine Methode zur Emotionsregulierung einzusetzen, die deine Klienten auch immer wieder selbst Zuhause anwenden können.

Es muss nämlich nicht immer eine geführte Tiefenentspannung sein. Es muss auch keine Hypnose oder andere das Nervensystem beruhigende Methode sein, die von einem Coach oder psychologischen Berater durchgeführt werden muss.

Unangenehme Emotionen und auch „dysfunktionales“ Verhalten kann man versuchen, mit der Coachingmethoden Kognitives Dreieck abzuschwächen, zu verändern oder sogar ganz aufzulösen.

Was genau ist das kognitive Dreieck?

Das kognitive Dreieck ist ein bewährtes Modell aus dem Coaching, der psychologischen Beratung und der Psychotherapie, das den Zusammenhang zwischen Gedanken – Gefühlen – Verhalten (die drei Ecken des Dreiecks) sichtbar macht und deinen Klienten dabei hilft, neue Handlungs- oder Denkmöglichkeiten zu erkennen.

Natürlich kannst du das kognitive Dreieck auch bei dir selbst anwenden, um deine Gefühle zu regulieren.

So sieht das kognitive Dreieck aus

Abbildung der Coachingmethode Kognitives Dreieck
👉 Die Coachingmethode Kognitives Dreieck besteht aus den drei Punkten „Gedanken“, „Verhalten“ und „Gefühle“. In die Ecken des Dreiecks werden auf Coachingkarten die verschiedenen Erkenntnisse eingetragen.

Wie hilft das kognitive Dreieck gegen belastende Gefühle?

Unsere Gedanken, Gefühle und unser Verhalten sind eng miteinander verbunden. Oft nehmen wir an, dass unsere Emotionen einfach „passieren“ oder dass unser Verhalten automatisch abläuft.

Doch in Wahrheit beeinflussen sich diese drei Ebenen gegenseitig – und das eröffnet uns als Coaches oder psychologischen Beratern die Möglichkeit, gezielt Veränderungen herbeizuführen.

Dazu drei greifbare Beispiele

1) Beispiel für die Präsentationsangst

Ausgangspunkt A – stressverstärkender/negativer Gedanke
• Mein Gedanke: „Ich darf bei einer Präsentation keinen Fehler machen, weil mich alle für kompetent halten sollen.“
• Mein Verhalten: Ich verhalte mich entsprechend angestrengt und setze mich selbst unter Stress, um alles perfekt zu machen.
• Mein Gefühl: Der Stress löst eine grundlegende Anspannung aus, die im Moment der Präsentation ihren Höhepunkt findet. Das Gefühl wird zu blanker „Versagensangst“.

Ausgangspunkt B – positiver Gedanke
• Mein Gedanke: „Eine Präsentation ist eine gute Chance, meine Fähigkeiten zu zeigen.“
• Mein Verhalten: Ich strenge mich an, um ein gutes Ergebnis zu produzieren.
• Mein Gefühl: Der Stress ist eher ein positiver Eustress – ich spüre zwar Lampenfieber, aber gleichzeitig Vorfreude.

Ausgangspunkt C – neutraler/realistischer Gedanke
• Mein Gedanke: „Eine einzige, eher kleine Präsenation hat kaum Relevanz auf meine weitere Karriere. Ich muss sie nicht überbewerten.“
• Mein Verhalten: Ich strenge an so gut ich kann und produziere ein brauchbares Ergebnis.
• Mein Gefühl: Ich bleibe eher entspannt.

2) Beispiel für die kurze Zündschnur

Ausgangspunkt A – stressverstärkender/negativer Gedanke
• Mein Gedanke: „Als Vater von drei Kindern mit einer Vollzeitstelle auf einem gehobenen Posten muss ich mich immer anstrengen und darf nicht für mich sorgen – dafür habe ich keine Zeit. Alle verlassen sich auf mich!“
• Mein Verhalten: Ich gebe ich stets Vollgas, um alles unter einen Hut zu bringen. Ich mache alles schnell und mit wenig Erholungspausen.
• Mein Gefühl: Ich bin bin ständig gestresst, überfordert und gereizt.
Und weiter im Teufelskreis:
• Mein Verhalten: Ich explodiere hin und wieder, um mir Luft zu verschaffen und nicht noch mehr belastet zu werden.

Ausgangspunkt B – positiver Gedanke
• Mein Gedanke: „Als Vater von drei Kindern mit einer Vollzeitstelle möchte ich es mir leisten, mehr Unterstützung zu holen.“
• Mein Verhalten: Ich hole mir (und uns als Familie) eine Unterstützung im Haushalt dazu, damit wir gemeinsam mehr Luft für schöne Erlebnisse haben.
• Mein Gefühl: Ich fühle mich dankbar

Ausgangspunkt C – neutraler/realistischer Gedanke
• Mein Gedanke: „Als Vater von drei Kindern mit einer Vollzeitstelle habe ich ganz schön viel zu tun. Ich muss auch Zeiten für mich selbst reservieren und für mich sorgen.“
• Mein Verhalten: Ich baue kleine Pausen in meinen Alltag ein. Ich gehe in Sport, um meinen Druck abzureagieren.
• Mein Gefühl: Ich fühle mich ausgeglichener

3) Beispiel für Nicht mehr abschalten können

Ausgangspunkt A – stressverstärkender/negativer Gedanke
• Mein Gedanke: „Die KI wurde eingeführt und könnte mir meinen Job wegnehmen. Ich denke immerzu daran, wie schlimm es werden wird, wenn ich meinen Job verliere.“
• Mein Verhalten: Ich stelle mich tot und weiß nicht, ob ich mit meinem Chef darüber sprechen kann.
• Mein Gefühl: Ich bin gestresst und verängstigt, meine Gedanken kreisen nur noch.

Ausgangspunkt B – positiver Gedanke
• Mein Gedanke: „Die KI wurde eingeführt. Damit könnte ich meine Produktivität vielleicht auf ein neues Level heben und mich beruflich weiterentwickeln.“
• Mein Verhalten: Ich frage mal meinen Chef, ob ich eine Weiterbildung machen kann und wie ich KI gewinnbringend in meinen Job integrieren kann.
• Mein Gefühl: Ich fühle mich interessiert und neugierig

Ausgangspunkt C – neutraler/realistischer Gedanke
• Mein Gedanke: „Die KI wurde eingeführt. Aber ich habe meinen Job noch. Vielleicht kann ich sie sinnvoll integrieren.“
• Mein Verhalten: Ich frage mal meinen Chef, inwiefern die KI meinen Job beeinflussen könnte und frage nach einer Lösung.
• Mein Gefühl: Ich fühle mich wirksam und weniger gestresst

Das kognitive Dreieck anwenden – die Übung in a Nutshell

Zunächst wird eine Situation gesucht, die unangenehme Gefühle auslöst. Und dann kann man das Dreieck immer wieder durchgehen.

Starte mit „Gedanken und beschreibe die Gedanken, die dir in der Situation durch den Kopf gehen.

Gehe dann zu „Verhalten“ und beschreibe, wie dein Verhalten in der Situation aussieht, wenn du diesen Gedanken denkst.

Schaue auf die „Gefühle“, die ausgelöst werden, wenn du so denkst und dich so verhältst.

Und dann starte eine neue Runde mit einem positiven Gedanken. Und eine weitere Runde mit einem neutralen/realistischen Gedanken.

Da das Ganze ein Kreislauf ist, kannst du auch bei „Verhalten“ einsteigen, dann zu „Gedanken“ gehen und dir dann die „Gefühle“ anschauen. Nur bei Gefühle solltest du nicht starten, da diese meistens die Folge von Verhalten und Gedanken sind und nicht am Anfang der Kette stehen.

Fazit, Die innere Bewertung erzeugt ein Gefühl und macht viele Situationen erst richtig unangenehm. Wenn der Gedanke – also die Bewertung – verändert werden kann, kann auch das Gefühl häufig verändert werden.

Blockierende Gedanken findet man auch häufig bei Menschen, die sich selbst sabotieren.


Inhaltsverzeichnis

Über die Autorin

Claudia Bauer ist Trainerin, Coach, systemische Therapeutin und Autorin. Sie schreibt im Blog von The Workshop darüber, wie Menschen ticken und wie man auf Lösungen kommt.

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